Als Chemiker bei LAMILUX

Interview mit Dr. Marcus Seitz

Dr. Marcus Seitz, technischer Leiter bei LAMILUX

Dr. Marcus Seitz ist Diplom-Chemiker und bereut seinen Berufswunsch mit keiner Faser. Als technischer Leiter für den Bereich Composites verantwortet er Produktion, Qualitätswesen und Entwicklung der faserverstärkten Kunststoffe bei LAMILUX. Er wohnt in der Nähe von Bayreuth, kommt aber ursprünglich aus Mittenwald in Oberbayern. In unserem Interview erfahren wir, wie es einen Bergliebhaber nach Rehau verschlagen hat, warum Chemie noch heute seine Leidenschaft ist und was er Schüler*innen heute raten würde, die mit dem Gedanken spielen Chemie zu studieren.

Marcus, wieso wolltest du nach deinem Abitur Chemie studieren?
Da trifft wohl ein Klischee auf mich zu. Ich habe schon immer gerne experimentiert. Egal ob kleinere oder größere Experimente, vom Elektronikbaukasten über den Chemiebaukasten bis hin zum Mikroskop war alles in meinem Kinderzimmer zu finden. Ich habe es wortwörtlich gerne krachen lassen und dadurch eine Leidenschaft für die Naturwissenschaften und insbesondere für die Chemie entwickelt.

Experimente in der Chemie

Wie hat es dich dann nach Bayreuth und Rehau verschlagen?
Nach Bayreuth bin ich tatsächlich wegen des Chemie-Studiums gezogen. Als junger Mensch haben mich die Campus-Universität, das Studienangebot und die Infrastruktur in Bayreuth einfach überzeugt. Während meiner Studentenzeit konnte ich meinem Forscherdrang freien Lauf lassen und habe viel Zeit in den Laboren der Universität verbracht. Die Laborarbeit gehört zum Chemiestudium einfach dazu. Nach dem Studium bin ich dann der Liebe wegen in Oberfranken geblieben und habe auch heute noch meinen familiären Mittelpunkt in der Nähe von Bayreuth. Zunächst war ich in der oberfränkischen Automobilzulieferindustrie im Bereich Entwicklung, als Laborleitung und im Patentwesen tätig. Später habe ich mich intensiv mit Werkstofftechnik auseinandergesetzt und habe viel Projektarbeitgemacht. 2014 kam mir dann das Angebot von LAMILUX als technischer Leiter für den Bereich Composites sehr gelegen und ich bin mittlerweile seit über 7 Jahren glücklich in meiner Position.

Wie sieht heute ein typischer Arbeitstag bei dir aus?
Als technischer Leiter im Bereich Composites geht es zunächst darum alle Bereiche, also die Produktion, das Qualitätswesen und die Entwicklung unserer faserverstärkten Kunststoffe, nach aktuellen Themen und Problemen abzuklappern. Folgende Fragen stelle ich mir jeden Tag:

  • Läuft alles so wie wir uns das vorstellen?
  • Sind ausreichend Rohstoffe in passender Qualität vorhanden?
  • Hat die Produktion ausreichend Kapazitäten, um alle Aufträge zu produzieren?
  • Sind unsere Entwicklungsprojekte, durch die wir Innovationen auf den Weg bringen, im Zeitplan?
  • Haben meine Mitarbeiter alles was sie benötigen, um schnell und effizient zu arbeiten?

Meistens beginne ich meinen Tag daher damit mir die Analysen des vergangenen Tages anzusehen, um die Lage richtig einschätzen zu können. Zudem sind meine Arbeitstage meist voll mit Besprechungen und Online-Meetings. Hier stimme ich mich mit allen Bereichen ab und lege fest, welche Schritte als nächstes anstehen.  Aber ich beschäftige mich auch inhaltlich mit einigen aktuellen Themen wie z.B. dem Recycling unserer Faserverstärkten Kunststoffe. Ein weiterer Teil meiner Arbeit ist die Anwendungstechnik, d.h. ich prüfe gemeinsam mit meinem Team wie unsere Werkstoffe am besten an den Kunden gebracht werden können. Welche Lösungen wünschen sich unsere Kunden? Wir können wir die Anforderungen unserer Kunden am besten erfüllen? Das Experimentieren gehört also leider nicht mehr zu meinem Tagesgeschäft.

Anwendungsbeispiel der Faserverstärkten Kunststoffe

Was macht dir an deiner Arbeit am meisten Spaß?
Am meisten Spaß macht mir die Arbeit im Team und mit anderen Menschen. Aufgrund von größeren Projekten und komplexen Zusammenhängen habe ich immer mit mehreren Leuten zu tun. Das sind interne Kollegen, aber auch externe Partner wie Kunden, Lieferanten, Hochschulen oder auch wissenschaftliche Einrichtungen. Auch Schülerprojekte finden bei uns in den Lehrwerkstätten und an den Anlagen statt. Ich stehe also als Chemiker nicht alleine in einem Labor und arbeite vor mich hin, sondern ich setze die Chemie als Modell an meinem Arbeitsplatz ein und versuche so durch Naturwissenschaft und Chemie die Welt ein kleines Stück zu verändern und besser zu machen. Außerdem macht mir die Chemie so viel Spaß, weil sie nicht nur im Labor oder am Schreibtisch Dinge erklärt und verständlich macht, sondern auch in der Küche. Chemie kann mir erklären, warum mein Schokoladenkuchen in der Mitte flüssig bleibt.

Wenn Schüler*innen genau wie du sich mit Themen wie Nachhaltigkeit und Recycling beschäftigen möchten und auch den Weg des Chemiestudiums in Betracht ziehen, was sollten diese Schüler*innen unbedingt mitbringen?
Die erste Voraussetzung ist ein gutes naturwissenschaftliches Verständnis. Als zweites benötigen die Schüler*innen eine gewisse Hartnäckigkeit, um komplexe Zusammenhänge zu verstehen. Außerdem ist eine Offenheit der Mathematik gegenüber wichtig, denn die Mathematik ist Basis jeder Naturwissenschaft. Und zu guter Letzt sollten Schüler*innen neugierig sein. Neugierig auf die Chemie und all ihre Bereiche. So können langweilige Inhalte, wie z.B. das Auswendiglernen des Periodensystems, auch mit Spaß und Freude bewältigt werden.

Was würdest du deinem 17-jährigen Ich heute raten?
Ich würde ihm raten nicht zu sehr an das Ende des Studiums oder den Beruf in 10 bis 20 Jahren zu schauen, sondern etwas aus Leidenschaft und Interesse zu studieren. Mit einer guten ingenieurwissenschaftlichen Basis ist eine Entwicklung in beinahe jede Richtung denkbar. Als ich damals Chemie studiert habe, gab es keine besonders guten Berufsaussichten für Chemiker. Und trotzdem habe ich auf mein Herz gehört und wurde belohnt.