Gefahrenquelle No.1 - Rauch


Im Brandfall ist Rauch die lebensbedrohliche Gefahr für Menschen im Gebäude – Wir erklären die Gründe dafür.


Lesezeit: 08:00 Min.

Brandtote sind Rauchtote

Nicht das Feuer ist das größte Pro­blem bei einem Brand, sondern der Rauch stellt die schwer­wiegende Gefahren­quelle No. 1 für die Men­schen im Ge­bäude und für die Feuer­wehr dar.

Die Folgen sind dra­matisch: Inner­halb von nur drei Minuten sinkt die Sicht­weite durch den ent­standenen Rauch so weit ab, dass Menschen im Ge­bäude die Orien­tierung ver­lieren und sich nicht mehr in Sicher­heit bringen können. Er­schwerend kommt die schnell zu­nehmende Kon­zen­tra­tion des Gases Kohlen­monoxid (CO) hinzu. Diese steigt im Laufe des Brand­es sprung­haft an und führt von Kopf­schmerzen über zu­nehmende Ver­gift­ungs­er­schei­nungen und Bewusst­losigkeit bis zum Tod.

In Deutsch­land gibt es etwa 340 Brand­tote jedes Jahr. Zum Glück müssen die wenigsten Mensch­en in ihrem Le­ben selbst einen Brand als Be­troffene er­leben. Da die meisten Personen keine Er­fahrung mit der Situation eines Brandes haben, begehen sie jedoch meist schon bei der ersten Re­aktion große Fehler. Anstatt Angst ver­binden die meisten Mensch­en Neugierde mit Feuer. Gucken und staunen statt weg­laufen und alarmieren, ist oft die Devise.

Die Un­kenntnis darüber, dass sich Brand­rauch rasend schnell aus­breitet und in wenigen Sekunden sämt­liche Flucht-, Rettungs- und Lösch­angriffs­wege block­iert, ist lebens­bedrohlich. Denn die Auf­fassung der Menschen, dass sie im Brand­fall genügend Zeit für eine Flucht haben, trügt - weniger als drei Minuten bleiben Ihnen zur Flucht. Grund des kurzen Zeit­fensters für eine Rettung ist die giftige Rauch­entstehung und schnelle Aus­breitung des Brand­rauchs in Ge­bäuden.

Brandrauch und seine Gefahren

Das Ge­fährliche an Brand­rauch sind die gift­igen Gase, die bei einem Brand ent­stehen. Ab­hängig von der Brand­ursache, den Gegen­ständen und der Um­gebung, in der es brennt, enthält der Rauch gift­ige Sub­stanzen, die über die Lunge in den Orga­nismus ge­langen und die Lungen­oberfläche be­schädigen. Bei­spiele für solche gift­igen Sub­stanzen sind Kohlen­monoxid, Salz­säure oder Zyanid­verbindungen, die etwa bei dem Brand von Kunst­stoff­verblendungen ent­stehen können.

Woraus sich der Brand­rauch zusammen­setzt, hängt ganz davon ab, was brennt. Auch die Aus­breitung des Brandes hängt von der Um­gebung und eventuell prä­ventiv ge­troffenen Schutz­maßnahmen ab.

Wie ent­steht Brand­rauch?

Bei der Ver­brennung von Material­ien ent­stehen zwei Dinge: Rauch- und Zersetzungs­gase sowie Wärme. Rauch- und Zersetzungs­gase sind bei diesem Ver­brennungs­prozess nicht in Wärme um­gesetzte Bestand­teile der Ver­brennung. Rauch ist ein durch Verbrennungs­prozesse ent­stehendes Aerosol in feinst­verteilter Form aus Ab­gasen, Staub­partikeln wie etwa Ruß, Flug­asche oder Un­verbranntes und Nebel­tröpfchen wie zum Beispiel Wasser, Öldämpfe und Säuredämpfe.

Voraus­setzung für die Ent­stehung des Verbrennungs­prozesses ist ein Zusammen­treffen von einem brenn­baren Stoff, Wärme und Sauer­stoff im richtigen Mengen­verhältnis. Wie energie­reich die Verbrennung abläuft, hängt von ver­schiedenen Faktoren ab:

  • Menge der Brand­gut­oberfläche
  • Therm­ischer Zu­stand
  • Sauer­stoffgehalt
  • Zünd- oder Entflammungs­energie

Je energie­reicher die Ver­brennung statt­findet, desto ge­ringer ist die Rauch- und Zersetzungs­gasbildung.

Bedeutet: Bei einer optimalen Ver­brennung bildet sich relativ wenig Rauch, bei einer nicht optimalen Ver­brennung oder einer schlechter werdenden Ver­brennung, erhöht sich dagegen der Rauch- und Zersetzungs­gasanteil er­heblich.

Wie breitet sich Rauch aus?

In ge­schlossenen und nicht ent­lüfteten Räumen wird die Aus­breitung der Rauch- und Brand­gase durch die Brand­quelle be­stimmt. Da ein Brand immer mit höheren Temperaturen als die der Um­gebung ab­läuft, wird vom Brand­herd Wärme in die Um­gebung abgegeben. Diese erzeugt einen nach oben gerichteten Thermik­strom.

Der Rauch wird dann mit der nach oben steigenden Konfektions­wärme ab­transportiert. Dies geschieht in der Form eines sich nach oben öffnenden Trichters, der Plume genannt wird.

Über der Brand­quelle steigen Rauch und Wärme im Plume nach oben und sammeln sich unter der Geschoss­decke. Ohne Ent­rauchungs­einrichtung zirkuliert die Raum­luft und mit ihr der Rauch an der Decke ent­lang, die Wände herab und zurück zur Brand­quelle.

Luft und Rauch schichten sich dabei schlaufen­förmig ein. So entsteht bei Räumen ohne Ent­rauchung zwangs­läufig eine Re­zirkulation in den Boden­bereich, die innerhalb weniger Minuten den zunächst rauch­freien Aufent­halts­bereich ver­raucht.

Welche Ge­fahren birgt Brand­rauch?

Jedes Feuer brennt auf seine eigene Weise und bildet in Bezug auf die Rauch­menge und die Zusammen­setzung unter­schiedlichen Brand­rauch. Abhängig davon er­geben sich ver­schiedene Gefahren. Generell kann Brand­rauch in vier ver­schiedene Gefahren unter­teilt werden.

Brand­rauch als Sicht­behinderung

In kürzester Zeit strömen Ruß­partikel des Brand­rauches in Räume eines Ge­bäudes, re­duzieren rasant die Sicht­weite und behindern den Menschen dabei Farben und Kontraste, beispielsweise die Farben von Flucht­weg­beschilderungen, erkennen zu können. Zudem reizt der Brand­rauch die Augen stark, sodass die Seh­stärke abnimmt. Brand­rauch als Sicht­behinderung ist besonders ge­fährlich, da die vorhandene oder eben nicht vor­handene Sicht­weite das menschliche Verhalten stark be­einflusst.

  • Sicht­weite mehr als 20 Meter: Wohl­befinden
  • Sicht­weite 10 bis 15 Meter: Unsicher­heit
  • Sicht­weite unter 10 Meter: auf­kommende Panik

Brand­rauch als Atem­gift im Ge­bäude

Neben giftigen Stoffen, wie zum Beispiel Chlor­wasser­stoff, Schwefel­oxide oder Blau­säure ist das häufigste bei Bränden auf­tretende Atem­gift Kohlen­monoxid (CO). Dieses Atem­gift ist farb-, geruch- und geschmack­los und ist für die meisten Todes­fälle bei Bränden ver­antwortlich. Atem­gifte unter­scheiden sich in der Wirkung. Sie werden zwischen der Wirkung auf Blut, Nerven und Zellen, der Reiz- und Ätz­wirkung oder der er­stickenden Wirkung dif­ferenziert.

Brand­rauch als brenn- oder explosions­fähiges Folge­produkt

Im Brand­rauch sind thermische Zersetzungs­produkte ent­halten, die sich bei Tem­peraturen über 400 °C ent­zünden können. Ab­hängig von der Kon­zentration und dem Schad­stoffgemisch verläuft diese Ver­brennung als eine schlag­artige Ex­plosion mit einer er­heblichen Druck­welle. In Fach­kreisen nennt man das den gefähr­lichen „Flash Over“.

Brand­rauch als Umwelt­belastung und Gebäude­gefährdung

Feuerwehrmann vor brennendem Gebäude mit Brandrauch | insights by LAMILUX
Brandrauch ist die größte Gefahrenquelle bei einem Brand.

Je nach Brand­verlauf und Schad­stoffgemisch bilden sich aggressive Gase oder Flüssig­keiten. Diese können die Menschen, die Gebäude­struktur oder auch die Umwelt groß­flächig um die Brand­stelle schädigen. Ein Beispiel dafür ist das ver­schmutzte oder sogar giftige Lösch­wasser, das un­gehindert in öffent­liche Ge­wässer ab­fließt und somit großen Schaden an­richten kann.

Die toxisch­en oder ätzenden Stoffe stellen auch eine große Gefähr­dung und Hin­derung für die Feuer­wehr dar. So ist die Schad­stoffmessung während eines Brandes zu einer zusätz­lichen Auf­gabe der Feuer­wehren geworden.  

Die Feuer­wehr benötigt für die Schad­stoff­messung während des Einsatzes über­sichtliche, bewertete Aus­künfte über mögliche Brand­produkte und deren Zer­setzung. Für die Messung der Konzen­trationen von Brand­gasen gibt es verschiedene Mess­methoden wie Mess­röhrchen, elektro­mechanische Sensoren, Explo­simeter oder Gas­messgeräte. Jedoch erschwert die oft fehlende Selektivität die Aussagekraft der Ergebnisse und macht es für die Feuer­wehr umso schwieriger die Schad­stoffe zu messen.

Die schwer­wiegenden Folgen von Brand­rauch

Neben Umwelt, Sach- und Gebäude­schäden sind vor allem die Personen­schäden die schwer­wiegendsten Folgen beim Aus­bruch eines Brandes. Brand­tote sind in den häufigsten Fällen Rauch­tote. Denn mit Brand­verletzungen ein­gelieferte Patienten sterben meist nicht wegen der ver­brannten Körper­oberfläche, sondern an den Folgen von Lungen­komplikationen.

Dabei spricht man von einem so­genannten Inhalations­trauma. Ver­letzte mit einem solchen Trauma haben toxische Sub­stanzen ein­geatmet. Darauf­hin bilden sich akut oder erst nach drei bis fünf Tagen Lungen­veränderungen aus, die Sauer­stoff­aufnahme und -austausch massiv er­schweren bzw. unmöglich machen.

Im Falle von der­artigen Rauch­gas­verletzungen haben die Patienten miserable Überlebens­chancen. 

Um das Ganze zu ver­deutlichen, hier ein kurzes Bei­spiel: Bei Ver­brennungen der Körper­oberfläche von 21 bis 40 Prozent sterben nur zwei Prozent der Patienten. Haben diese zu­sätzlich ein Inhalations­trauma er­litten, steigt diese Rate rapide auf 38 Prozent an.

Selbst bei schweren Ver­brenn­ungen von 61 bis 80 Prozent über­leben noch drei Viertel der Ge­schädigten, wenn keine Lungen­verletzung vor­liegt, jedoch nur ein Drittel, wenn das Inhalations­trauma hinzu­kommt.

Schutz­maßnahmen, die Leben retten

Zeit ist der ent­scheidende Faktor im Brand­fall. Wie lange brauchen die Menschen, um Räume oder Ge­bäude zu verlassen? Wie schnell können in den Räumen ver­bliebene Menschen ge­funden und ge­rettet werden? Wie lange braucht die Feuer­wehr, um den Brand­herd zu loka­lisieren und gezielt zu be­kämpfen? Die Ant­wort auf alle drei Fragen hängt ganz ent­scheidend von zwei Kriterien ab: Wie viel Rauch bildet sich wie schnell und wie wirksam wird der giftige und die Sicht nehmende Rauch ab­geleitet? Denn je besser dieser nach außen ab­geführt und durch Frisch­luft ersetzt wird, desto mehr Zeit bleibt für alle not­wendigen Maß­nahmen.

Rauch­melder für eine früh­zeitige Er­kennung

Rauchmelder blinkt aufgrund von Brandrauch | insights by LAMILUX
Rauchmelder erkennen frühzeitig einen Brand.

 

Zuerst gilt es, den Rauch möglichst früh­zeitig zu ent­decken. In privaten Haus­halten, größeren Ein­richtungen oder Büro­gebäuden sind Rauch­melder dafür eine mögliche Lösung.

Auto­matische Rauch­melder er­kennen den Rauch auch in Situationen, in denen es den Men­schen nicht möglich ist, die Gefahren­quelle No. 1, den Rauch selbst zu ent­decken, zum Beispiel nachts im Schlaf.

In Deutschland gilt in allen 16 Bundes­ländern für den privaten Wohn­raum eine Rauch­melder­pflicht. Die Details zu den Terminen und Fristen sowie zur Rauch­melder-Installation und Wartung regelt die Landes­bauordnung in den jeweiligen Bundes­ländern. 

RWA rettet Leben - Zeit­gewinn durch rauch­arme Schicht

Selbst in 20 Meter hohen und 40 Meter langen Industrie­hallen bleiben den Personen im Brand­fall nur wenige Minuten Zeit. Es bleibt die Hoffnung, dass die je­weiligen Be­treiber der Gebäude für einen vor­beugenden Brand­schutz ge­sorgt haben, also für gute Rauch­abzugs­systeme und leicht zu findende, kurze Flucht­wege. Rauch- und Wärme­abzugs­anlagen (RWA) sind ein un­verzicht­barer Bestand­teil einer ver­antwortungs­vollen Brand­schutz-Strategie, wenn auch nicht für alle Gebäude ver­pflichtend. Die Vorgaben für Rauch­abzugs­vorrichtungen sind bundes­weit nicht ein­heitlich. Die Bundes­länder schreiben in den jeweiligen Landes­bauordnungen und zu­gehörigen Sonder­bau­verordnungen und Verwaltungs­vorschriften vor, in welchen Fällen Rauch­abzüge ver­langt sind.

Rauch- und Wärme­abzugs­anlagen, die im Dach oder in Decken­nähe ein­gebaut sind, können die Gase gezielt nach außen ab­führen, sodass sich über dem Boden eine aus­reichend hohe rauch­arme Schicht bildet, in der sich Flüchtende und Rettungs­kräfte orientieren und bewegen können.

Die rauch­arme Schicht ermöglicht es den Personen im brennenden Gebäude, die Gefahren­situation besser und stress­freier ein­zuschätzen, lebens­rettende Ent­scheidungen richtig zu treffen und die erkenn­baren Flucht­möglich­keiten schnell, sinnvoll und variabel zu nutzen.

Rauch­arme Schichten er­leichtern es den Rettern, Ver­letzte zu finden und zu bergen sowie den Lösch­kräften, den Brand­herd ohne Be­ein­trächtigungen zu loka­lisieren und wirksam zu be­kämpfen. Mit dem entsprechenden Nach­weis­verfahren, z. B. nach DIN 18 232-2, lässt sich in Abhängig­keit von Raum­geometrie und Brand­aus­breitung die für eine stabile rauch­arme Schicht nötige Anzahl und Größe der RWA be­stimmen.